Auswirkungen von Softwaregeschäftmodellen auf Kollaboration

19. - 20. Oktober 2017

Die Geschichte von FFmpeg und FFV1

Ein Echtwelt-Beispiel

FFV1 ist ein Videocodec der ausschließlich mathematisch verlustfrei arbeitet (="lossless"). Für die DLZA ist das optimal, aber in der Praxis (noch nicht) weit verbreitet.

In der folgenden Präsentation geht es nicht um Codecs.
Es zeigt ein Prinzip.
Es zeigt was möglich ist.

Status Quo 2009

  • Bedarf: Lossless Codec für Videoarchivierung
  • 2 anerkannte Optionen:
    • JPEG2000 (=J2K)
    • Unkomprimiert
  • Container: MXF
  • Industriefokus = lossy
  • Archivsystem am Markt: Eines. Proprietär.

As good as it gets:

  • Verlustfrei: Können sich nur "Die Großen" leisten
  • Echtzeit: Hardwarekarte notwendig
  • Digitalisierungsstation: 30.000 EUR (1 Station)
  • J2K/MXF Decoder: 5.000 - 15.000 EUR
  • Dazu: Einige Interoperabilitätsprobleme

 

Es hieß: "ist halt so."

Theorie (Papierstandard) Praxis (Implementierung)
Offener Standard allein reicht nicht.
Die Implementierung macht den Unterschied.

Zurück zur Geschichte...

Anfang 2010

Suche nach offener Lösung begann...

  • FFV1 entdeckt (Seit 2003 in FFmpeg).
  • Niemand kannte FFV1.
  • Dennoch getestet und für gut befunden.
  • Sogar etwas besser als J2K (für uns).

  • FFmpeg weit verbreitet = FFV1 weit verbreitet
  • FFmpeg = Open Source
  • Open Source = DLZA by Design

DLZA by Design?

  • Physisches Abspiel- und Aufnahmegerät
  • Mit Schalt- und Bauplänen
  • + alle Bauteile
  • = unendlich Ersatzteile

 

Digital: Sourcecode + passende Lizenz!

Open Source

Lizenz definiert 4 Freiheiten:

  1. Use (verwenden)
  2. Study (verstehen)
  3. Share (verbreiten)
  4. Improve (verbessern)

 

Kollaboration per Definition ermöglicht & erwünscht.

Proprietäre Software

  1. Use? Klar. (Aber nur wie vom Hersteller ermöglicht.)
  2. Study? Im Regelfall verboten.
  3. Share? Um Himmels Willen! Wehe...
  4. Improve? Nur dem Hersteller möglich.

 


Kollaboration leider nicht ganz "barrierefrei"...

Zurück zur Geschichte...

Study, Share & Improve

  • Geht nicht um Gratis! (Umsetzung wurde finanziert)
  • Weitere FOSS Komponenten gesucht um darauf aufzubauen
  • Auf Konferenzen darüber berichtet
  • Dialog & Austausch mit anderen gesucht
  • FFV1 in anderen Open Source Tools "aktiviert"
  • FFV1 für Archivzwecke verbessern lassen
  • Alle Verbesserungen zurück "upstream"
  • usw.

Österreichische Mediathek (2012)

Wir wollten nichts Neues erfinden, und auch keine Rebellen werden. Wir wollten nur unsere Arbeit machen.

Aber das eben so gut wie möglich.

Die "politischen" Aspekte

 

Eine "problemloser-funktionierende" offene Lösung war offensichtlich gar nicht so erwünscht wie ursprünglich angenommen...

Proprietäre Hersteller

"We don't want our customers do know this, or think about this."
Open Source is unprofessional. Because it's gratis.
Of course we use FFmpeg, but customers don't ask - and we don't tell.

GLAM Institutionen

Wenn wir das verwenden sieht es so aus als könnten wir uns nichts Ordentliches leisten.
Wir wollen nicht, dass Firmen evtl. böse auf uns sind. Man kennt sich ja...
"Wir warten mal lieber noch..."

Status Heute

  • FFV1 als Archivformat aufgenommen
    (Nestor, Memoriav, LoC, KOST, etc.)
  • Allen frei und offen zur Verfügung
  • Kollaboration: Finanzierung, Entwicklung und Verbesserung von Software-Ökosystem zw. verschiedensten Einrichtungen

Kollaborationen

Alle Verbesserungen die zurück an Open Source gehen stehen allen Anderen ohne künstliche Einschränkung wieder zur Verfügung. Darauf kann weiter aufgebaut werden.

Ökosystem an Tools?

Rasant zunehmend!

Konvertieren

FFmpeg

Workflow management

DVA-Profession

Metadatenanalyse

Mediainfo

Qualitätskontrolle

QCTools

Abspielen / Konvertieren

VLC

Aufnehmen / Bearbeiten

Virtualdub FFV1

Policy und Formatcheck

MediaConch

Und und und und und...

Gegenwart & Zukunft

  • Vorbildlich: HTW Chur (Schweiz)
    Professionelles DLZA-Videolab für Ausbildung komplett mit Open Source.
  • Keine "Black-Box" für die Lehre.
  • Firmen die Support/Weiterentwicklung/Schulungen anbieten:
    zB: AV-RD, MediaArea, AV Preservation by Reto, avpreserve u.v.m.

FAZIT

  • Bezahltes Open Source = Best of both worlds
  • Offene Implementierung: DLZA & Kollaboration by Design
  • Support für Open Source? Beauftragen!
  • Archive können (und sollen) aktiv mitentscheiden
  • Öffentliche Gelder = Öffentliche Lösungen
  • Prinzip gilt allgemein für Software & Dateiformate

Wie wär's mit mehr davon?

  • Gemeinsame Interessen.
  • Gemeinsame Herausforderungen.
  • Gemeinsame Lösungen?

License and Credits

Der Text dieser Präsentation steht unter einer freien Lizenz zur Verfügung:

Creative Commons "Attribution-ShareAlike"
(CC-BY-SA)

Peter Bubestinger-Steindl / AV-RD
(p.bubestinger@av-rd.com)